Riesa August 2012

Umzug! Was harmlos klingt, kann bei den eigenen Kindern in eine Art Arbeitslager ausarten. Insbesondere wenn gleich noch eine ganze WG, nebst eigener Küche umzieht.

So steht es auf dem Programm für das Wochenende am 18./19. August in Leipzig. Schnell entschließe ich mich, die Anfahrt mal wieder mit dem Rad zu bewältigen. Diesmal geht es aber nicht direkt nach Leipzig, da wir erst Freunde in Riesa bei Dresden ansteuern wollen. Auch soll es diesmal keine Non-Stop Fahrt geben, sondern ich möchte mein neues Zelt nutzen und zwischendurch gepflegt übernachten.

Als Strecke entscheide ich mich mal wieder über Ulm zu fahren, so wie auch letzten November. Zur Übernachtung habe ich mir einen See ausgekuckt, kurz nach Nürnberg. Dann kann ich vielleicht dort noch baden gehen. Mit dem Wetter habe ich wieder Glück, es sind zwei Tage mit Sonnenschein, warmen Temperaturen und nur wenig Wind, der aber leider aus Nordost kommen soll vorhergesagt.

Morgens um 6:00 Uhr fahre ich los. Nur kurz muss ich das Licht einschalten, schon hinauf nach St. Märgen wird es hell. Nach Urach geht es schon wieder hinunter und entlang der Breg an Donaueschingen vorbei in Richtung Osten. Ich fahre kleine Straßen abseits der B33, soweit das möglich ist. Der Donauradweg führt hier entlang und es bietet sich an, ihn zu benutzen zumindest wo er geteert ist. Leider ist die Strecke manchmal etwas holprig und irgenwann stelle ich fest, dass ich mein Rücklicht verloren habe. Ich hatte es nur lose am Gepäcksack festgemacht, da der normale Platz an der Sattelstütze durch das Gepäck verdeckt ist. Sowas blödes… Das heißt ich muss irgenwann heute noch ein neues besorgen, denn ohne kann ich nicht in die Nacht fahren.

Nach Tuttlingen mache ich nach 100km die erste kurze Pause und esse ein mitgebrachtes Brötchen. Auch ist es jetzt Zeit die Arm und Beinlinge einzupacken, es ist angenehm warm geworden. Kurze Zeit später treffe ich auf die B311 wo ich den Einstieg zum parallel verlaufenden Radweg leider verpasse und so erstmal eine Weile auf der großen Straße fahren muss. Diese Stelle muss ich mir für nächstes Mal merken.

Bei Mengen kreuze ich die Donau und fahre nördlich über die Hügel. Ich mag diese Ecke, kleine Dörfer, wenig Verkehr und der Blick schweift weit über die Landschaft. Bald geht es wieder hinunter an die Donau. In Riedlingen sehe ich eine Konditorei mit Café und beschließe sofort hier eine Pause einzulegen. Ein leckerer Cappucino und zwei Stück Kuchen, sowie die Möglichkeit die Wasserflaschen zu füllen passt jetzt gut. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass der Halt schon gut als Mittagspause durchgeht, es ist schon nach 12:00 Uhr.

Durch viele kleine saubere schwäbische Dörfer geht es weiter Richtung Nordosten, südlich der Donau. Es ist hügelig und recht abwechslungsreich hier. Nach weiteren 60 Kilometern erreiche ich Ulm. Ein Passantin beschreibt mir zwei Fahrradgeschäfte fast direkt an der Strecke.

Im ersten gibt es nur die großen Batterierücklichter, nichts für mich. Ich beginne schon zu befürchten, dass ich kein kleines leichtes Rücklicht finden werde. Aber im nächsten Geschäft bin ich erfolgreich und bekomme ein kleines Knog Frog Licht. Als ich das Silikonteil sehe winke ich erst lächelnd ab und meine dass ich kein Spielzeug brauche, sondern ein anständiges Licht. Der Verkäufer überzeugt mich aber in Sekunden als er es einschaltet und mir insbesondere die ungleichmäßige Blink Funktion zeigt. Nicht schlecht das Teil!

Schnell bin ich mit meinem Rad wieder draußen (ja, ich hab’s einfach mit in den Laden genommen…) und weiter geht es aus Ulm raus und weiter die Donau auf nördlicher Seite entlang. In Langenau halte ich bei einem Supermarkt und hole mir ein Bier und ein belegtes Brötchen. In diesem Supermarkt bin ich schon im letzten November eingekehrt.

Nach 25 Minuten fahre ich weiter. Es ist jetzt halb Vier, also noch ein paar Stunden hell. Nördlich verlasse ich jetzt das Donautaul und fahre über die Schwäbische Alb. Gemächlich geht es hoch bis auf knapp über 600m, dann eine angenehme Abfahrt nach Nördlingen im Rieß.

Das Städtchen hat mir schon bei meiner ersten Tour 2010 gut gefallen. Alte Fachwerkhäuser drängen sich um einen mittelalterlichen Marktplatz in der Mitte. So fahre ich auch diesmal durch den Ort und lasse die Szenerie auf mich wirken. Durch ein Stadttor geht es dann wieder hinaus und ich quere das Ries. In Löpsingen sollte es eine Pizzeria geben, das wäre eine Gelegenheit zum Abendessen, aber trotz intensiver Suche kann ich nichts finden. Bestimmt war der Eintrag bei Google uralt und die Gaststätte gibt es nicht mehr.

Da ich noch gar nicht so hungrig bin und es hier sowieso nichts anderes gibt, fahre ich weiter.  Kurz nach sechs komme ich in Oettingen an. Hier gibt es wieder einen größeren Supermarkt und ich beschließe anstatt in einem Restaurant essen zu gehen, mich hier zu versorgen. So hole ich mir zwei Bier, zwei Salate, einen Joghurt und eine Brezel.

So mache ich es mir in der Sonne beim Supermarkt Café gemütlich. Der Kartoffelsalat mit Frikadelle schmeckt so gut, dass ich gleich noch einen hole, für heute abend, bevor ich ins Zelt steige. Mir gefällt es so gut hier, dass ich mich erst wieder nach 50 Minuten mit frisch gefüllten Wasserflaschen aufraffe weiterzufahren.

Schon bald drängt das Bier wieder nach Entsorgung und ich muss nochmal kurz halten. Aber es ist sowieso Zeit die Armlinge und Beinlinge anzuziehen. Es wird merklich frischer jetzt , kurz nach halb acht.

Auf der B466 geht es weiter. Zum Glück gibt es nicht mehr viel Verkehr. Ich fahre durch Gunzenhausen, und sehe, dass das Italienische Restaurant, in dem ich im November noch gegessen habe, geschlossen hat. Kein Wunder bei dem Service… denke ich mir.

Es ist schon halb zehn, als ich durch Schwabach fahre. Mein Licht habe ich schon lange eingeschaltet, es wird schon wieder deutlich früher dunkel als im Juni.  Nicht viel später erreiche ich Nürnberg. Hier möchte ich gerne nochmal Bier einkaufen für die Übernachtung am See. Leider liegt mal wieder keine größere Tankstelle an der Strecke und die kleinen die ich finde, haben schon geschlossen. So drehe ich am Ende von Nürnberg nochmal kurz um und fahre zu einer Gaststätte zurück. Hier hole ich mir zwei Flaschen Bier, die munter in meinem Rucksack klappern, als ich weiterfahre.

Nach Nürnberg mache ich mich auf die Suche nach dem See, er ist etwas abseits der Strecke. Leider habe ich den genauen Weg nicht programmiert. Irgendwann lande ich auf einem schmalen ungeteerten Mountainbike Pfad und denke schon ich bin völlig falsch, aber dann liegt er vor mir, der Birkensee. Noch ein paar Lagerfeuer sind zu sehen mit Grüppchen von jungen Leuten. Ich suche mir ein Plätzchen weiter hinten, direkt am Wasser und etwas abseits von den anderen. Das Zelt ist mit Stirnlampe schnell aufgebaut, nur wie bekomme ich jetzt das Bier auf? Als Radler habe ich natürlich kein Feuerzeug dabei. Nachdem ich schon fast verzweifle, komme ich auf die Idee, den Aluhering meines Zeltes zu missbrauchen. Und siehe da, das klappt wie geschmiert. Muss ich mir merken… Der Kartoffelsalat schmeckt auch nochmal lecker und gegen Mitternacht krabble ich in meinen Schlafsack und genieße die Ruhe.

Strecke / Höhenmeter:392 km3005 hm
Gesamtzeit / Gesamtdurchschnitt:16:57 h23.1 km/h
Reine Fahrzeit / Durchschnitt Fahrt:14:17 h27.4 km/h

Der erste Licht des Morgens weckt mich und ich blinzle hinaus aus meinem Zelt. Dünne Dunstschwaden ziehen über den See und auch auf dem Gras hat sich die Feuchtigkeit niedergeschlagen. Recht frisch ist es, und nur mit Überwindung klettere ich aus meinem warmen Schlafsack.

In Anbetracht des nicht vorhandenen Kaffees, und der Tatsache, dass ich noch eine Flasche Bier übrig habe, entschlieߟe ich mich ohne viel innerer Diskussion, diese hier und jetzt zu öffnen. Für Langstreckenradler gelten andere Regeln, da darf man auch mal ein Bier zum Frühstück trinken, denke ich mir.

Prompt kommen kurz darauf zwei junge Mädchen vorbei und fragen mich nach Feuer. Ich erkläre, dass ich Nichtraucher bin, was ja von einem Radfahrer kaum anders zu erwarten ist. Ihre Antwort: „Klar, kein Feuer, aber Bier trinken am Morgen!“ Wenn die wüssten, wieweit mich das Bier noch tragen muss…

Um kurz vor sieben, habe ich alles wieder auf dem Rad verstaut und mache mich auf den Weg. Wie sich herausstellt führt ein anständiger breiter Weg vom See wieder zurück zur Straße, ich muss also nicht nochmal über die MTB-Achterbahn. Am Parkplatz an der Straße gibt es auch einen Mülleimer, den ich gleich nutze meine diversen Bierflaschen und den anderen Müll loszuwerden.

Entlang der Pegnitz und der Schnaittach fahre ich weiter. Nach dem Ort Schnaittach geht es wie schon im November auf einer winzigen Straße durch ein kleines schnuckeliges Tal mit alten Bauernhöfen, Kuhweiden, und einem kleinen plätschernden Bach. Wenn die fiesen bis 12% steilen Rampen nicht wären, könnte man die Ecke richtig genießen. Aber zumindest sehe ich das jetzt bei Tageslicht, und nicht bei nächtlichen -5°C wie im November. Ich muss sagen, nachts und mit Raureif sieht es weit mystischer aus.

In Pegnitz steuere ich das erste Café an und lasse es mir mit zwei Cappuchino richtig gut gehen. Erst jetzt kommt mein Kreislauf wirklich in Schwung und die nächsten Kilometer läuft es fast von alleine. Sogar der Anstieg nach Bayreuth, zum Flughafen kommt mir völlig harmlos vor. Im November habe ich hier über die Steigung geflucht.

Talsperre Förnitz

Die Strecke führt weiter nach Bad Berneck, und von dort ins Fichtelgebirge. Was für ein Begriff für diese Hügel… auf dem höchsten Punkt zeigt mein Höhenmesser 660m. Das ist ja kaum mehr als am Kaiserstuhl. Vielleicht sollten wir den auch Kaiserstuhlgebirge nennen. Aber dann würde sich der Schwarzwald beschweren, auch keine gute Idee.

Östlich von Münchberg fahre ich an der Förnitztalsperre entlang. Mittlerweile ist es 12:30 Uhr und die Sonne brennt doch ziemlich intensiv vom Himmel. Ich fühle mich an die Po-Ebene erinnert. Kurz überlege ich, ob ich hier schnell ins Wasser springen soll. Aber ich bin grade so gut in Fahrt…

Später, in Oberkotzau ist es dann doch Zeit mal wieder was zu essen. Seit dem Frühstück ist doch eine ziemliche Zeit vergangen, es ist jetzt 13:30 Uhr. Eine Bäckerei kommt da gerade recht. Ein belegtes Brötchen, ein Apfelsaft (Bier hatten sie leider keins 😉 und dann geht es auch schon weiter.

Felder

Immer hoch und runter geht es hier. Leider nur kurze Stücke, sodass man bergab auch keine Zeit findet sich zu erholen. Dazu sind die Temperaturen schon weit jenseits von 30°. Ich mag das, lieber von der Sonne gebraten werden und schwitzen, als in der Kälte fahren. Nur muss ich ein wenig vorsichtig sein, ein Sonnenstich wäre jetzt nicht gut.

Viele kleine Dörfer säumen den Weg, kein Name den man schon mal gehört hat. Nur Treuen bleibt mir in Erinnerung. Der Fahrradweg wandelt sich in einen steilen Pfad, auf dem es kaum ein Fortkommen gibt. Ich drehe um und nehme einen anderen Pfad. Auch kaum besser, und diesmal fluche ich laut. Auf mein GPS, auf mich, und insbesondere auf die Wegbeschaffenheit. Jetzt wird der Weg wieder breiter, ein gutes Zeichen. Aber kinderkopfgrosse Steine lassen mein Rad hüpfen, und ich befürchte dass mich gleich mein Gepäckträger überholt. Insbesondere als es dann noch mit 15% Gefälle nach unten geht. Ich schwöre mir, keine solche kleinen Wege mehr zu programmieren. Zum Glück hat das Elend bald ein Ende und ich erreiche wieder eine normale Straße.

Doch ein paar Kilometer weiter das nächste Problem. Eine Sperrung wegen einer Baustelle. Ich will keine Experimente machen und fahre einen Umweg. Ins Tal hinunter und weiter hinten wieder hinauf. Na ja, immerhin gut zu befahren. Aber diese fiesen Hindernisse kosten einfach Zeit.

Lange Schatten

Schnell geht es hinunter nach Zwickau, zumindest ein bekannter Ort auf der Strecke. Gleich im Anschluss wieder hoch auf den nächsten Hügel, und zwar knackig. Weiter quere ich einen Höhenkamm nach dem anderen. Immer wieder geht es hinunter in die Flusstäler. In Limbach-Oberfrohna mache ich noch einmal Pause an einer Tankstelle. Es ist auch schon zwanzig vor sieben, der Nachmittag neigt sich dem Ende zu. Das Gute dabei ist, dass die Temperaturen wieder angenehm sind und ich auch wieder etwas Gas geben kann, ohne in der Sonne dahinzuschmelzen.

Bei Clausnitz kommt die nächste Sperrung, diesmal aber einfach zu umfahren. Bei Kriebstein freue ich mich über eine schnelle Abfahrt, als bei ca. 70km/h der neue Straßenbelag aufhört und darunter die alte DDR Straße weitergeht. Trotz Vollbremsung glaube ich mein Rad und Gepäck lösen sich auf, so poltert es. Aber nichts passiert zum Glück.

In Waldheim dann das nächste Gesperrt Schild. Mist, wie fahre ich jetzt am besten. Nach Studium der Karte auf meinem GPS entscheide ich mich für eine parallel Strecke. Verunsichert werde ich durch das Schild am Anfang derselben. 14% Steigung steht da geschrieben. Na danke, das brauche ich jetzt. Im Stehen trete ich hoch, es geht besser als gedacht. In der Ruhe liegt die Kraft. Dann entpuppt sich diese Strecke als ideal. Guter Teer und angenehm zu fahren. Dabei ein herrlicher Blick über die Landschaft unten im Tal. Das Licht der untergehenden Sonne schafft eine märchenhafte Atmoshpäre.

Mein Begleiter

Döbeln umfahre ich auf der Bundesstraße um dann auf einem schönen Fahrradweg wieder hinüber zu meiner ursprünglichen Route zu queren. Es ist jetzt dunkel und ich habe meine Beleuchtung wieder eingeschaltet.

Bei Ottewig, der nächste Stess. Der Weg auf den mich das GPS lotsen will ist ein Feldweg. Nicht zu befahren. Ich fahre weiter auf der kleinen Straße auf der ich bin. Aber ich komme nicht mehr zurück auf die Route, das nächste Gesperrt Schild schließt die einzig sinnvolle Verbindung aus. So fahre ich einen großen Bogen, am Ende wieder auf der B169, die ich eigentlich meiden wollte. Aber es hat kaum noch Verkehr und so komme ich jetzt wenigstens zügig voran.

Um 22:00 Uhr laufe ich endlich in Riesa ein. Viel später als erwartet. Aber diese Umwege waren auch nicht eingeplant.

Ein großes Buffet und ein Lagerfeuer erwartet mich bei unseren Freunden. Alle sind sichtlich erleichtert, als ich endlich erscheine. Danke Simi!

Strecke / Höhenmeter:328 km3852 hm
Gesamtzeit / Gesamtdurchschnitt:15:13 h21.6 km/h
Reine Fahrzeit / Durchschnitt Fahrt:13:07 h25.0 km/h

Nachtrag: auch der Umzug ging dann noch recht gut über die Bühne. Arbeitsplatte kaufen und Auschnitte sägen, Oberschränke aufhängen, nicht zu reden von Vorhangschienen und Lampen… eine Geschirspülmaschine am anderen Ende von Leipzig auflesen und anschließen, Spüle anschließen und viele ander Kleinigkeiten… Was tut man nicht alles für die Kinder…