Französisches Jura Oktober 2012

Da ich im Urlaub in UK nicht Fahrrad fahren konnte (durfte ;-)), möchte ich bevor das Wetter all zu kühl wird noch mal eine Ausfahrt machen.

Es bietet sich Mittwoch der 3. Oktober und der Rest der Woche an. Allerdings habe ich am Sonntag schon wieder einen Termin, sodass nur vier Tage zu Verfügung stehen. Gerne würde ich ans Mittelmeer fahren, aber eine kurze Planung zeigt mir, dass da schnell 1500km hin und zurück zusammen kommen. Das ist etwas viel, ich möchte ja nur eine gemütliche Tour und keine Rekordstrecke fahren. Da ich auch am Dienstag Abend noch keine Entscheidung getroffen habe und zudem die Wettervorhersage auch in Frankreich für Donnerstag recht schlecht ist,  beschließe ich die Ausfahrt auf zwei Tage am Freitag und Samstag zu verkürzen. Als Ziel entscheide ich mich für den Lac de Vouglan im französischen Jura südöstlich von Lons le Sonnier. Der Hauptgrund ist der Campingplatz dort, dann kann ich duschen und es gibt eine Toilette und bestimmt auch ein Restaurant.

Am Donnerstag lerne ich noch einen weiteren Langstreckenfahrer aus Kirchzarten kennen. Walter Jungwirth ist auch so ein Verrückter wie ich. Wir gehen gleich mal gemeinsam auf eine kurze 85km Runde, trotz des schlechten Wetters mit Sturm und Regen eine tolle Sache sich mit jemand Gleichgesinntem austauschen zu können. Wir werden sicher noch öfter miteinander unterwegs sein.

Donnerstag morgen geht es dann los in Richtung Mülhouse. Das Wetter ist perfekt, nicht sehr kalt und mir reichen Beinlinge, Armlinge und eine Windweste. Allerdings ist Südwest Wind vorhergesagt. Hoffentlich wird der nicht zu stark. In Freiburg fällt mir ein, dass ich vergessen habe Energieriegel einzustecken. Da muss ich mich dann halt unterwegs versorgen. Munter fahre ich Richtung Umkirch als mir bewusst wir, dass ich da gar nicht hin will. Das kommt davon wenn man solche Strecken zu oft fährt. Nichts wie umgedreht und durchs Rieselfeld in Richtung Süden.

Kurz bevor es über den Rhein geht bei Fessenheim geht auch schon die Sonne auf. Diese Minuten um den Sonnenauf- und Untergang sind doch immer wieder die schönsten. Bisher ist es noch fast windstill und sehr angenehm zu fahren. Schnell habe ich Mulhouse erreicht und spähe schon nach einer Boulangerie. Wer weiß, wann die nächste Gelegenheit kommt. Bevor ich mich versehe bin ich allerdings schon durch Mulhouse durch, ohne eine Boulangerie erspäht zu haben.

Ich biege auf den Radweg entlang des Rhein-Rhone Kanals ein und folge diesem kleinen Kanal für die nächsten Stunden. In Zillisheim sehe ich die Kirche ein paar Meter links des Radwegs und denke, da könnte ich doch mal schauen. Kurz abgebogen und prompt stehe ich vor einer Boulangerie. Ein Baguette und ein süßes Teilchen zum zweiten Frühstück machen sich jetzt gut. Ich bin zwar erst etwas mehr als 80km unterwegs, aber Essen ist auf so Touren immer sehr wichtig. Neben der Bäckerei befindet sich ein kleiner Supermarkt in dem ich gerne Kekse für unterwegs und vielleicht noch ein Getränk kaufen möchte, aber es stellt sich heraus, dass dieser gerade heute geschlossen hat. Nach 10 Minuten geht es weiter, das Baguette esse ich im Fahren.

Zügig geht es weiter über den Radweg entlang des netten Kanals. Immer öfter kommen kleine Schleusen und manchmal Boote die am Rand parken oder auf dem Kanal unterwegs sind. Leider beginnt mich der jetzt doch konstante Südwestwind zu bremsen. Auch ein anderer Rennradfahrer ist in meiner Richtung unterwegs und überholt mich. Ich bleibe eine Weile an ihm dran, aber ihn packt der Ehrgeiz und so lasse ich ihn ziehen. Nach 132km erreiche ich Montbeliard. Hier sollte es doch eine Einkaufsmöglichkeit geben. Ich biege Richtung Stadtzentrum von der Route ab und frage dort einen Passanten. Im fällt ein Supermarkt in der Richtung ein, aus der ich kam. Also wieder zurück und nach ein paar Minuten stehe ich vor einem riesigen Einkaufszentrum. Ich suche ein verstecktes Plätzchen für mein Rad und mache mich auf Socken auf in das riesige Gebäude (mit den Schuhplatten ist sehr schlecht zu laufen) . Ein Bier, ein Cola, zwei süße Teilchen und eine Packung Twix Riegel später bin ich wieder draußen. Auch gut, dass es eine Toilette gibt, hier fülle ich gleich meine Flaschen auf. Nachdem alles verdrückt ist und die Riegel verstaut, geht es weiter.

Ab hier treffe ich auf den Doubs, der auch von einem wunderbar glatten Radweg begleitet wird. Nur an wenigen Stellen muß man auf die Straße ausweichen. Wenn der mittlerweile doch recht starke und böige Gegenwind nicht wäre könnte man hier ganz locker dahingleiten. Aber morgen habe ich ja den Wind von hinten und mit dem Gedanken im Kopf kämpfe ich gerne gegen ihn an. Die Blätter rauschen, die Sonne wärmt sehr angenehm, so fahre ich weitere drei Stunden und erreiche nach 215km Besancon.

Eindrucksvoll thront hier das Castell auf einem Felsen oberhalb des Doubs, der sich in einem 180° Bogen um diesen Felsen windet. Interessanterweise führt der Radweg genau unter diesem Felsen durch, in einem beleuchteten Tunnel, parallel zu einem Kanal für die kleinen Boote. Ab hier geht es jetzt ins Hügelland. Durch diese Wegführung komme ich gar nicht durch die Stadt, was einerseits angenehm ist, andererseits auch keine Möglichkeit bietet, Wasser und Vorräte aufzufüllen. Da muss ich ab jetzt die Augen aufsperren. Vor allem meine Wasserflaschen sollten dringend mal wieder gefüllt werden.

Die Landschaft ändert sich jetzt deutlich. Bisher wurde ich immer von einem Wasserlauf begleitet und der Blick ging von unten nach oben. Jetzt fahre ich durch eine offene Hügellandschaft die immer wieder schöne Blicke hinunter in die Täler öffnet in denen sich kleine Flüsse dahinwinden. Die weißen Kalksteinfelsen der Karstlandschaft bilden einen eindrucksvollen Kontrast zum herbstlichen Laub der Bäume. Dazwischen immer wieder kleine Dörfer, die allerdings fast wie ausgestorben wirken. Eines dieser Dörfer,  Cussey sur Lison ist besonders gepflegt und herausgeputzt. Auch gefällt es mir gut, weil es passenderweise einen Brunnen mitten im Dorf gibt, der mich sofort zu einer Vollbremsung veranlasst.  Hier werden sowohl mein Magen als auch die Flaschen wieder mit frischem Wasser aufgefüllt.

Nach ein paar Minuten geht es weiter und ich erreiche das kleine Städtchen Salins les Bains. Erstaunlich viel ist hier los, viele Menschen sind unterwegs, zu Fuß, aber auch mit dem Auto. Praktischerweise gibt es auch einige Geschäfte und ich beschließe nochmal eine Kleinigkeit einzukaufen. Eine Cuiche und ein Bier genehmige ich mir, ein zweites Bier wird für heute Abend eingesteckt. Sicher ist sicher. Mittlerweile habe ich 260km auf dem Tacho und der Nachmittag neigt sich dem Ende zu, es ist schon viertel vor Sieben und die Dämmerung setzt ein. Mit der geplanten Reststrecke von 70km und eventuell einer weiteren Pause sollte ich noch vor 22:00 ankommen.

Nach Salins steigt die Straße wieder an und erklimmt einen kleinen Pass. Leider bläst immer noch ein leichter Gegenwind, so rollt es auch auf der Abfahrt nicht von alleine. Mittlerweile habe ich meine Lampe eingeschaltet und das Rücklicht. Um 20:00 Uhr erreiche ich Champagnole, wo ich mich erstmal über eine Sperrung ärgere, die mich zwingt einen Bogen über eine große Nationalstraße zu fahren. Die Geschäfte haben alle schon geschlossen, nur einen Pizzastand finde ich noch offen. Ich überlege ob ich hier zu abend essen soll. Ich bin mir ja nicht sicher was mich am Ziel erwartet. Aber es warten schon mindestens 5 Kunden auf eine Pizza, so lange will ich hier nicht warten.  So fahre ich weiter wieder hinaus in die Nacht.

In den Senken bildet sich der Nebel, darüber scheint der Mond. Eine schöne ruhige Landschaft, vor allem da es abseits der Hauptstraße auch so gut wie keinen Verkehr gibt. Nur der Nebel lässt meine Brille beschlagen, so dass ich sie abziehe und an den Brustgurt meines Rucksackes hänge. Das stellt sich später als Fehler heraus, denn das Glas löst sich dummerweise aus dem Gestell und geht verloren. Ich merke zwar, dass etwas auf mich gefallen ist, denke aber es ist ein Zweig und fahre weiter.

Um viertel nach Neun komme ich durch Pont de Poitte und sehe eine Pizzeria am Straßenrand. Kurzentschlossen entscheide ich hier zu Abend zu essen. Nach einer großen Pizza und einem Bier gehe ich 40 Minuten später gut gesättigt die verblieben 10km an. Auch meine Radflaschen habe ich vorsichtshalber nochmal gefüllt. Es ist mittlerweile frisch geworden und ich muss ein paar Minuten strampeln ehe ich wieder warm bekomme. Um 22:20 Uhr laufe ich am Lac du Vouglans, meinem Zielpunkt ein.

So, wo ist jetzt der Campingplatz? Erstmal ist alles dunkel. Ich finde eine Picknick Area, und einen Entsorgungsplatz für Wohnmobile und weiter hinten ein geschlossenes Schwimmbad. Dahinter ist der Weg dann gesperrt, weit und breit kein Licht. Nach 20 Minuten Suche wird es mir zu bunt und ich beschließe auf der Picknick Area zu zelten. Zum Glück hatte ich mich mit Wasser versorgt und schon zu Abend gegessen. Sonst wäre es ziemlich blöd geworden. Zuhause finde ich später auf der Webseite des Camping den Hinweis, dass dieser ab Mitte September geschlossen ist. Das hätte ich also schon vorher wissen können, aber wer weiß ob ich dann überhaupt hierher gefahren wäre  😉

Das Zelt ist schnell aufgebaut, und es ist richtig gemütlich in meinem Schlafsack. Ich schlafe zwar nicht besonders tief, aber ungestört bis zum nächsten Morgen.

Strecke / Höhenmeter:330 km2278 hm
Gesamtzeit / Gesamtdurchschnitt:15:38 h21.2 km/h
Reine Fahrzeit / Durchschnitt Fahrt:13:17 h25.0 km/h

Um 6:30 Uhr werde ich wach und sehe dass es draußen anfängt zu dämmern. Meine Nase ist kalt und so richtig Lust verspüre ich nicht, aus dem Schlafsack zu kriechen. Aber nach ein paar Minuten dösen raffe ich mich auf und es ist dann doch weniger unangenehm als gedacht. Ich muss nur aufpassen, da es draußen und auch auf der Innenseite des Zeltes sehr nass ist, durch den Tau der sich niedergeschlagen hat.

Deshalb packe ich auch meinen Schlafsack schon innerhalb des Zeltes in seinen Packsack. Genauso entlüfte ich hier auch meine Luftmatratze. Nach einer halben Stunde bin ich fertig und mein Rad ist wieder gepackt. Bevor ich zurückfahre möchte ich aber doch noch kurz einen Blick auf den See werfen. Es ist ja mittlerweile einigermaßen hell.

Ich fahre die restlichen Meter hinunter zum See, aber bis auf einen Bootshafen gibt es hier nicht viel. Ein Hinweis auf ein WC zieht mich an, das könnte ich jetzt brauchen. Aber wie erwartet ist es geschlossen. Ok, das kann auch noch warten. So mache ich mich dann gegen 7:30 Uhr auf den Rückweg. Das Wetter ist immer noch gut, obwohl schon einige Schleierwolken zu sehen sind. Langsam kommt auch die Sonne raus und es macht viel Spaß durch die schöne freie Landschaft zu fahren. Ab und an liegen noch ein paar Nebelfelder in den Senken aber die Sonne vertreibt sie schnell. Auch ist nach wie vor so gut wie kein Verkehr, ich habe die Straßen für mich alleine.

Schon beginnt das Laub der Bäume ein wenig zu rascheln und richtig, diesmal bläst der Wind von hinten. Da läuft es schon ganz anders als Gestern. Champagnole mit der Straßensperrung schenke ich mir heute und fahre eine Abkürzung um den Ort herum. So erreiche ich zügig um 10:00 Uhr Salins les Bains, wo ich gleich in einem Supermarkt etwas zum Frühstücken hole. Auch packe ich gleich mal eine Dose Bier in meinen Rucksack, das baut mental ungemein auf wenn man sowas dabei hat 😉 Im Übrigen kommt mir auch die Toilette dort unheimlich gelegen. In einem Café ein paar Meter weiter gibt es dann auch noch einen leckeren Milchkaffee. Erst jetzt kommt mein Kreislauf wieder richtig auf Touren.

Zügig geht es jetzt weiter gen Norden. Um halb eins laufe ich in Besancon ein. Diesmal mache ich auch ein Bild des Castells und rufe gleich noch Zuhause an, da absehbar ist, dass ich schon gegen 21:00 daheim sein sollte. Ich bitte meine Frau eine große Portion Spaghetti zu machen, dann brauch ich vorher nicht so viel essen.

Im Tal des Doubs bläst nun der Wind schön konstant von hinten und ohne große Anstrengung lassen sich zwischen 30 und 35km/h halten. So fliege ich weiter die Windungen des Flusses entlang, mal mehr, mal weniger von hinten geschoben. Bei Ougney-Douvot gibt es direkt am Fahrradweg doch glatt einen Rastplatz mit Wasser. Da füll ich doch gleich meine Flaschen auf und esse ein paar Kekse. Den habe ich bei der Herfahrt offensichtlich übersehen. Mittlerweile hat sich der Himmel mit dünnen Wolken bedeckt, und auch der Rückenwind lässt doch merklich nach. Na ja, besser kein Wind als Gegenwind. Gegen halb Vier finde ich einen kleinen Supermarkt in Colombier-Fontaine. Etwas Salziges wäre jetzt gut. Auf meine Frage danach schüttelt der Ladenbesitzer aber den Kopf, die Sandwiches seien schon leer. So entscheide ich mich für eine Tüte Flips, die gemeinsam mit einem Bier als Kaloriennachschub dienen.

Bald darauf ist Montbeliard erreicht. Ich halte hier nicht, sondern fahre direkt durch und weiter Richtung Mulhouse, jetzt wieder am Rhein-Rhone Kanal entlang. Auch ohne Wind ist die Geschwindigkeit noch angenehm flott, so um die 30km/h. Nur bei den Schleusen muss man immer aufpassen, da fährt man oft winkelig unter kleinen Brücken durch, einmal sogar auf einem Gitter direkt über dem Wasser. Im Nu ist wieder Mulhouse erreicht und die Reststrecke schwindet auf 70km. Auch Mulhouse durchquere ich so schnell es geht. Leider bremst die ein oder andere Ampel und Baustelle den Schwung. Nach Mulhouse mache ich zu Beginn eines Fahrradweges in der Rheinebene vor Fessenheim nochmal eine kurze Pause um mich für die letzten Kilometer zu stärken. Ein paar Flips sind noch da, und das Bier welches ich heute morgen in Salins les Bains eingepackt habe. Mittlerweile wird es schon wieder dämmrig, nicht nur wegen der Zeit, es ist gerade mal 18:30 Uhr, sondern auch wegen den Wolken die sich immer mehr verdichten. So ziehe ich mich wieder etwas dicker an und schalte auch das Licht ein.

Nach Fessenheim geht es wieder zurück über den Rhein nach Deutschland. Noch läuft es zügig, aber der Wind kommt langsam wieder auf und nicht mehr von hinten. Ab dem Tuniberg bläst er sogar wieder merklich von vorne. In St.Georgen fallen die ersten Tropfen und in Freiburg ist es schon gehörig nass und meine Füße sind nullkommanichts durchnässt. Zudem sind wohl auch die letzen Kohlenhydrate verbraucht, gegen den bremsenden Wind werde ich immer langsamer. Ein weiterer Keks hebt den Blutzuckerspiegel ein wenig und so fahre ich kaum schneller als der ein oder andere Feierabendradler auf dem Dreisamweg gen Kirchzarten, wo ich um 20:45 Uhr ankomme. Nach einer heißen Dusche mache ich mich mit meiner Frau Barbara und unserer Tochter Sarah die grade zu Besuch kam sofort über eine große Portion Spaghetti her.

Strecke / Höhenmeter:321 km1840 hm
Gesamtzeit / Gesamtdurchschnitt:13:27 h23.9 km/h
Reine Fahrzeit / Durchschnitt Fahrt:11:21 h28.3 km/h