Madeira

Samstag, 30.11.2019: Faial – Pico Ruivo, 20km – 2000hm

Die Nacht war gut, ab und zu hat etwas geknackt im Wald, aber Wildschweine gibt es hier wohl nicht. Am Morgen setze ich mich wieder an den Gipfelstein und genieße meinen Kaffee. Das Wetter ist super und bald packe ich zusammen und klettere den steilen Berg wieder hinunter nach Faial.

Schon sehe ich die Kirche in ein paar Hundert Meter Entfernung, da erkenne ich, dass ich vorher noch einen Fluss queren muss. Es geht nochmal etwa hundert Höhenmeter auf Stufen hinunter, dann verliert sich der Pfad im Flussbett. Irgendwann habe ich die Steine gefunden, auf denen man über das Wasser balancieren kann. Dann geht es eine Metalltreppe hinauf, die zu einer Straße führt. Dann wieder hundert Höhenmeter Stufen, bis der Ortskern von Faial erreicht ist.

Das ist einen Kaffee Wert, und bei der Gelegenheit esse ich auch gleich ein Käsesandwich. Etwas weiter finde ich einen kleinen Lebensmittelladen, wo ich mich mit Vorräten für die Berge eindecke. Gebrochene Spaghetti, Brühwürfel, Tomatenmark und eine Tütensuppe nehme ich mit.

Dann geht es auf den kleinen Wohnstraßen hinauf bis zu einer kleinen Levada, der ich ins Landesinnere folge. Sie ist wohl selten begangen und dementsprechend zugewachsen und eng. In einem Taleinschnitt wechsle ich dann wieder auf eine kleine Straße, die mich steil auf einen kleinen Pass hinaufführt. Hier oben öffnet sich die Landschaft und ich kann die hohen Berge vor mir sehen. Etwas weiter wandere ich in den Wald, hier führt ein Forstweg hinauf zur Rangerstation unterhalb des Pico da Pedras auf etwa 900 m Höhe.

Hier befindet sich der Eingang zu einer einfachen Levadawanderung und etwas oberhalb einen Picknickbereich auf dem heute am Samstag eine Madeirer Familie grillt. Eine gute Gelegenheit hier Mittagsrast zu machen, zumal es auch Frischwasser gibt.

An sich wollte ich ja hier übernachten, aber es ist erst 14 Uhr und so bleibt eigentlich genügend Zeit, auf den Pico Ruivo hinauf zu wandern. Dazu entschließe ich mich dann auch und benutze dazu die Straße, auf der ich zügig vorankomme. Sie ist in recht schlechtem Zustand, vielleicht sind deshalb so wenige Autos und fast nur Minibusse unterwegs.

Weiter oben wird die Aussicht immer besser und ich komme in den Bereich der Nebelschwaden. In der einen Kurve noch eine perfekte Sicht auf die Küste, ein paar Meter weiter wird es feucht und neblig, und man sieht gar nichts mehr.

Aber dann sehe ich einen großen Parkplatz vor mir, der Achado de Teixeiro, an dem die Straße endet. Hier bin ich deutlich über dem Nebel und es ist sonnig und warm. Hinter dem Parkplatz liegt das Abrigo da Heidi (!), aber dieses hat leider geschlossen. Also kein Bier mit Aussicht, schade…

Positiv nehme ich zur Kenntnis, dass es bis zum Gipfel des Pico Ruivo nur noch 2,7 km auf dem PR1.2 sind. Dann bin ich ja noch richtig früh oben. Deshalb laufe ich ab hier etwas gemütlicher und genieße die herrliche Natur um mich herum.

Es sind schon einige Touristen hier, aber die meisten kommen mir entgegen. Kurz vor dem Endanstieg zum Pico Ruivo bin ich auf einem Sattel fasziniert von den toten weißen Bäumen, die hier stehen. Ein tolles Fotomotiv. Schnell wird mir aber klar, dass alle Bäume in dieser Höhe verbrannt sind. Es muss in der Vergangenheit wohl einen verheerenden Brand gegeben haben. Hoffentlich wachsen die irgendwann einmal wieder nach.

Oben am Pico Ruivo, kurz unterhalb des Gipfels erreiche ich das Casa do Ruivo, eine Berghütte mit einer kleinen Terrasse. Ziemlich urig sieht das aus, vor allem, da direkt am Rand der Terrasse noch eine betonierte Schutzhütte mit Wasserbecken und Feuerstelle steht. Auf Nachfrage, wo denn der offizielle Zeltplatz sei, erfahre ich, dass ich mein Zelt hier überall aufstellen darf. Die Genehmigung will wieder niemand sehen…

Überall heißt aber nicht, dass es auch überall möglich ist, denn eigentlich gibt es außer der Terrasse keinen ebenen Platz hier. So entscheide ich mich mein Zelt direkt auf der Terrasse aufzustellen. Bevor ich das mache, gehe ich aber erstmal auf den Gipfel und entspanne mich beim Sonnenuntergang.

Es ist fast windstill, aber der Nebel kommt von unten hochgezogen und ist schon verdammt nahe. Das Casa do Ruivo ist nur noch knapp über der Nebelgrenze. Beim letzten Licht steige ich ab und bereite mir in zwei Portionen ein sättigendes Nudelgericht zu.

Etwas Bammel habe ich vor der Nacht. In 1800 m Höhe kann es hier richtig kalt werden. Deshalb ziehe ich meine lange Unterhose an und auch die dünnen Merinohandschuhe für die Finger. Meine Isolierjacke lege ich im Zelt wieder über den Schlafsack. Erstaunlicherweise friere ich diese Nacht aber weniger als zuletzt in der Höhe, der Windschutz hier auf der Terrasse trägt sicher dazu bei. Ab und an pfeift jedoch der Wind laut durch den Baum, der hier am Haus steht und ich hoffe, dass er nicht zu stark wird.