Madeira
Donnerstag, 28.11.2019: Boca da Risco – Ponta de São Lourenço , 19km – 400hm
Mein erster Blick am Morgen gilt dem Wetter. Es hat in der Nacht wieder geregnet, aber jetzt ist es bis auf ein paar Wolkenreste klar und ich freue mich auf einen sonnigen Tag. Zum ersten Mal sehe ich auch die Klippen richtig, an denen ich gestern entlang gewandert bin. Ich möchte diese Strecke bei gutem Wetter nochmal laufen. Am besten auf dem Rückweg von der São Lourenço Halbinsel.
Beim Loslaufen entscheide ich mich, nicht dem Weg an der Küste entlang zu folgen, denn erstens kann ich ihn nicht entdecken und zweitens möchte ich in der Sonne laufen. So gehe ich den Taleinschnitt nach Süden hinab in Richtung Machico, bis ich auf eine Levada treffe. Bis zur Levada sehe ich immer wieder Mountainbike Spuren, das muss hier dann wohl auch ein Gebiet sein, in dem man gut MTB fahren kann.
Der kleinen Levada folge ich nach links, am Bergrücken entlang mit einer schönen Sicht auf Machico. Am Ende der Levada erreiche ich den Straßentunnel nach Canical. Entgegen meinem ursprünglichen Plan entscheide ich mich hier, an der Südküste nach Osten zu wandern, denn das ist kaum ein Umweg und scheint mir auch landschaftlich attraktiver. Mein erstes Ziel ist der Pico do Facho (Fackelberg), ein Hügel an der Küste, zwischen Machico und Caniçal. Dazu laufe ich vom Levada Ende geradeaus weiter. Ein wenig steigt die Straße noch an und dann erreiche ich den Pico do Facho, wo ich eine schöne Aussicht auf die Südküste habe. Im Westen der Flughafen, man sieht hier gut die Stelzen, auf denen die Landebahn steht, und im Osten mein Ziel, die Halbinsel São Lourenço.
Es gibt hier ein paar Bänke, so mache ich Rast und beobachte einen Madeirer, der konzentriert durch ein Fernglas auf einem Stativ das Meer beobachtet. Ich kann nicht erkennen, was er da genau sucht, vielleicht Wale?
Bald mache ich mich wieder auf den Weg und folge dem steinigen Pfad, der an der Bergflanke entlang nach Osten führt. Hier ist es durch die Sonne richtig heiß, und ich bin froh, dass keine großen Anstiege zu bewältigen sind.
Vor Caniçal windet sich der Weg hinunter ans Meer. Ich sehe eine Art Strandbad und dahinter eine Reihe fest installierter Sonnenschirme aus Palmwedeln. Es sieht so aus, als ob ich dort direkt am Meer entlang nach Caniçal komme. Das bestätigt sich, als ich unten bin und das Strandbad offen zugänglich ist. Kurz überlege ich, ob ich baden soll, aber es ist wieder ein Steinstrand und ich entschließe mich nach Caniçal weiterzugehen.
Dort angekommen gehe ich erstmal einen Kaffee trinken und einen Eiersandwich essen. Auch kann ich hier meine Wasserflaschen auffüllen. Dann hole ich mir in einem kleinen Lebensmittelgeschäft eine Dose Würstchen für den Aufenthalt auf der Halbinsel und eine Flasche Bier trinke ich auch gleich.
Weiter geht es auf der Straße, die hier erstmal an einem größeren Hafengelände mit Ölanlagen vorbeiführt. Danach komme ich zu einem kleinen Tal mit einem Strand. Hier hat es sogar etwas Sand, allerdings will ich nicht hinuntersteigen, mein Plan ist ja die Halbinsel und dort kann man ja wahrscheinlich auch baden.
Die Straße führt noch an einer Art Siedlung vorbei, die sich aber als Hotelressort entpuppt, mit einem abschließbaren Eingangstor nebst Pförtnerhäuschen. Erstaunlich! Sogar eine Kirche gibt es in diesem Resort. Eigentlich hatte ich gehofft, hier nochmal Wasser zu bekommen, denn ich weiß, dass es auf der Halbinsel selbst kein Wasser mehr gibt. Aber ich vermute, dass es hier keinen Laden gibt und deshalb laufe ich weiter.
Nicht viel später erreiche ich das Ende der Straße mit einem großen Parkplatz. Ein paar mobile Kioske bieten Getränke an und ich entschließe mich für 2,5 Euro eine 1,5l Flasche Wasser zu erstehen. Damit könnte ich eventuell zwei Tage auf der Halbinsel verbringen.
Ab hier sind viele Ausflügler unterwegs, die mir auf dem PR8 der die Halbinsel erschließt, schnaufend und schwitzend entgegenkommen. Die Landschaft ist hier aber auch wirklich spektakulär und ganz anders als auf der Hauptinsel. Der rotbraune, kaum bewachsene Boden stellt einen eindrucksvollen Farbkontrast zum blauen Meer dar, und die riesigen Klippen und Felsnadeln die man auf dem Weg an den Aussichtspunkten sehen kann, sind sehr beeindruckend.
Ich bin schon gespannt auf die offizielle Campsite, die es am Ende des Weges gibt. Erst einmal geht es aber weiter auf und ab und es erschließen sich immer weitere Ausblicke auf diese wüstenartige Küstenlandschaft.
Nach Überquerung einer schmalen Landverbindung geht es nochmal über einen kleinen Pass und dann sehe ich auch schon das Casa do Sardinha, ein ehemaliges Bauernhaus, wo auch der Zeltplatz sein müsste.
Nachdem ich gelesen habe, dass es auf der Halbinsel kein Wasser gibt, bin ich erstaunt, als ich zum Casa do Sardinha komme und sehe, dass es hier sogar ein kleines Café gibt, mit lecker aussehendem Kuchen. So kann ich nicht widerstehen und gönne mir ein Bier und einen Apfelkuchen mit Nüssen. Zwar für hiesige Verhältnisse nicht ganz billig, aber lecker. Zumal offensichtlich alle Waren per Boot gebracht werden und von Hand hier zu diesem Café geschafft werden müssen.
Auch erkundige ich mich nach dem Zeltplatz und man erklärt mir, dass sich dieser in einem Steinrondell weiter unten an der Bootsanlegestelle befindet. Dort ist viel Personenverkehr, und so beschließe ich, mein Zelt erst später aufzubauen und erstmal den letzten Hügel, den Pico do Furado zu erkunden.
Von oben hat man nochmal eine wunderbare Aussicht auf die Halbinsel, die vorgelagerten kleinen Inseln und vor Allem kann man die Hauptinsel im Nordwesten in ihrer Gesamtheit sehen, bis hoch zu den Berggipfeln, die im Moment allerdings in den Wolken stecken. Ich unterhalte mich eine Weile mit einem jungen Deutschen, der mit Graufilter und Stativ Langzeitaufnahmen macht, dann gehe ich wieder hinunter und baue auf dem kleinen Zeltplatzrondell mein Zelt auf. Die Würstchen schmecken lecker zum bekannten Couscous mit Rosinen und Nüssen.
Nach einer Weile bekomme ich sogar Gesellschaft auf dem Zeltplatz. Eine junge Polin, Dorota, kommt an und baut auch ihr Zelt auf. Wir unterhalten uns ein wenig, sie ist genau wie ich alleine mit Zelt unterwegs und fliegt morgen wieder nach Hause.
Eigentlich wollte ich den Sonnenuntergang auf dem Pico de Furado genießen, aber da doch ein paar Wolken aufzogen, ziehe ich den Plausch mit Dorota vor. Nach Sonnenuntergang zieht es mich dann aber doch nochmal auf den Hügel, die Wolken schaffen eine ganz besondere Stimmung, die ich mir nicht entgehen lassen möchte.
Später quatschen wir ausgiebig, sie erzählt mir von ihrem Youtube Kanal und blog (https://jaknajwiecej.pl/) , und wir tauschen uns über Madeira aus. Beide sind wir überrascht, als plötzlich Lichtstrahlen auftauchen und bald darauf ein weiteres Pärchen, diesmal aus Deutschland, zu uns stößt. Stefanie und ihr Freund sind heute angekommen und direkt für die erste Nacht mit dem Bus hierhergekommen. Es ist nett, Gesellschaft zu haben, und so unterhalten wir uns noch eine ganze Weile, bis alle für die Nacht in ihr Zelt schlüpfen.