Trekking Albanien
Tag 3: Vom Osumi Canyon Richtung Frashër (20km)
Am Morgen hat es doch etwas abgekühlt und Sarah fröstelt etwas. Kein Wunder, wir sind ja ganz unten im Tal und da sammelt sich nun mal die kalte Luft. Nach dem obligatorischen Lagerfeuerkaffee geht es weiter am Osum Fluss entlang. Bald kommt die Sonne über die Hügel und es wird schnell sehr warm. Wir folgen der Straße noch ein Stück, kürzen aber eine Schleife ab, indem wir einen Pfad am Hang hinaufklettern. Verkehr hat es gar keinen, es kommt hier ja auch kein Ort mehr. Umso mehr wundern wir uns dann, dass plötzlich eine große Baustelle auftaucht. Anscheinend wird hier eine Verbindung Richtung Südwesten gebaut. Die Brücke über den Fluss ist schon neu und man sieht die alte Brücke ein Stück unterhalb. Die neue Straße verläuft ab hier westlich von uns und überquert die Berge.
Wir bleiben auf dem alten Weg, der hier nicht mehr geteert ist. Am Anfang kommen uns noch ein paar Lastwagen entgegen, die Material zur Baustelle bringen, aber bald teilt sich der Weg und wir laufen in ein Tal gen Süden und sind schnell wieder ganz alleine. Ab hier steigt der hier noch als Feldweg ausgebaute Weg langsam an und folgt dem Tal. Da man hier gut laufen kann und es auch viel zu sehen gibt, merken wir einige Zeit gar nicht, dass wir von diesem Weg schon lange hätten abzweigen müssen. Denn wir müssen über den Bergrücken und dürfen nicht weiter das Tal entlang laufen. So bleibt uns nichts anderes übrig, als umzukehren. Nach Studium der Komoot Karte auf meinem Mobiltelefon entschließen wir uns aber nicht ganz zurückzulaufen, sondern vorher schon einem Bachlauf zu folgen, der kein Wasser hat und zumindest am Anfang gut begehbar aussieht. Schnell wird das aber recht abenteuerlich, denn das Bachbett wird immer steiler und die Felsbrocken darin immer größer. Sarah hat hier aufgrund ihrer Größe schon etwas zu kämpfen.
Plötzlich hören wir Ziegengemecker und kurz danach sehen wir eine Ziegenherde nebst Hirten, die den Bachlauf weiter oben kreuzen. Der Hirte schaut, als ob er Geister sieht. Denn hier kommt normalerweise niemand entlang, schon gar keine Touristen. Durch Zeichen bestätigt er, dass wir bald wieder auf einen Weg kommen, so setzen wir unsere Kletterei fort. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir dann endlich auf den richtigen Weg und machen erstmal eine kleine Pause denn die Kletterei war schon sehr anstrengend mit den Rucksäcken. Mittlerweile ist es auch richtig heiß und wir haben die zwei Halbliterflaschen Wasser, die wir dabei haben, schon leergetrunken. Hier sind auch alle Bäche, die den Bergrücken herunterkommen ausgetrocknet.
Ab hier geht es jetzt weiter in Serpentinen den Berg hinauf. Der Weg ist ein sehr alter Karrenweg mit vielen Steinen, den man manchmal auch suchen muss. Wir überwinden weitere 200 Höhenmeter in der prallen Sonne und sind mittlerweile recht durstig. Auf der Karte sehe ich einen kleinen See auf der Strecke und hoffe, dass wir dort unser Wasser auffüllen können. Aber wir kommen nicht direkt am See vorbei und als wir ihn sehen liegt er schon weit unter uns.
Das nächste Abenteuer lässt nicht lange auf sich warten. Wir hören wieder Ziegen vor uns und auch Hundegebell. Als wir näherkommen sehen wir, dass vor uns eine große Herde Ziegen auf unserem Weg unterwegs ist, die von einer Gruppe Hunden bewacht wird. Menschen sind nirgends zu sehen. Irgendwie müssen wir da durch, es gibt keinen anderen Weg. Die Herde ist zwar in unserer Richtung unterwegs, aber viel langsamer als wir. Je näher wir kommen, desto aggressiver bellen die Hunde. Als wir die ersten Ziegen erreichen und sie überholen, sind wir von mindestens 5 Hunden umzingelt, die uns alle anknurren und anbellen. Wir nehmen unsere Stöcke und versuchen uns in alle Richtungen zu decken. Ein Hund ist besonders unangenehm. Er fletscht die Zähne und kommt auf Tuchfühlung heran. Ich schreie ihn an und stochere mit den Stöcken. So arbeiten wir uns langsam an den Ziegen vorbei, die natürlich Platz machen. Irgendwann haben wir es geschafft, dennoch bleibt uns der eine Hund noch eine Weile auf den Fersen.
Kurz nach dem Hundeabenteuer kommen wir über eine Passhöhe und sehen ein weiteres großes Tal vor uns. Der Weg schlängelt sich hier am Bergrücken entlang in Richtung Osten. Meine Hoffnung ist, dass in irgendeinem der vielen Einschnitte, die wir passieren, Wasser zu finden ist. Das ist aber nicht so. Sarah hat noch nicht über Durst geklagt, aber wahrscheinlich denkt sie dasselbe. Nach einiger Zeit kommen wir wieder an ein kleines Seitental und hier gibt es zumindest eine größere Pfütze. Kurzentschlossen entscheiden wir, dass wir es darauf ankommen lassen und dieses Wasser trinken. Natürlich gefiltert. Es riecht und schmeckt ziemlich „tierisch“, so wie es aussieht haben hier schon einige Ziegen halt gemacht und wahrscheinlich nicht nur getrunken…
Nachdem das Wasserproblem gelöst ist, sind wir wieder deutlich entspannter unterwegs und können uns auch wieder mehr auf die sehr schöne Natur konzentrieren. Langsam windet sich der Weg weiter ins Tal, er ist hier eher ein Ziegenpfad und man muss manchmal schon genau schauen, wie es weitergeht. Was uns auch hier wieder auffällt, sind die Gräber, die manchmal mitten im Nirgendwo auftauchen.
Unten im Tal geht es immer am Fluss entlang, der auch nur wenige Tümpel Wasser hat. An einem dieser Tümpel, wo noch etwas Wasser fließt, machen wir halt und tauchen uns kurz unter. Es ist mittlerweile vier Uhr und die Schatten werden wieder länger.
Mittlerweile besteht der Weg nur noch aus parallel verlaufenden Ziegenpfaden. Zudem führt er teilweise etwa 20-30m oberhalb des Flusses entlang und die Böschung ist sehr steil und rutschig. An einer Stelle ist sogar der Hang abgerutscht und die Ziegenpfade enden im Nichts. Das bedeutet wieder zurückgehen und eine Strecke im Flussbett zurücklegen, bis wir diese Stelle passiert haben. Danach können wir wieder durch das Gebüsch auf den ursprünglichen Weg aufsteigen.
So kommen wir nur sehr langsam vorwärts und der Abend nähert sich schnell. Zeit also, einen Übernachtungsplatz zu finden. Wir erreichen eine größere vertrocknete Wiese, auf der auch ein Hirte mit einer Ziegenherde unterwegs ist. Auch Hunde sind dabei, diese sind diesmal völlig entspannt und ruhig, bestimmt weil der Hirte ganz in der Nähe ist, und wir uns begrüßt haben.
Ein paar Meter weiter, außer Sicht der Ziegenherde und des Hirten, entscheiden wir, unser Zelt aufzubauen. So packen wir aus und Sarah sucht Holz für unser Lagerfeuer. Nachdem das Zelt aufgebaut ist, schaue ich mich nach ein paar Steinen um, die wir brauchen um am Feuer unsere Becher und Pfanne aufzulegen. Ich frage mich, ob das so eine gute Idee ist, auf dieser Wiese ein Feuer zu machen, da sie offensichtlich ja von den Ziegen beweidet wird.
Kurze Zeit später hören wir Axtschläge auf der anderen Seite des Flusses. Ein Dorf haben wir hier nirgends gesehen, auch wenn ein Pfad über eine Brücke den Fluss überquert und auf der anderen Seite den Berg hinauf führt. Dann ist es wieder still und wenig später kommt der Ziegenhirte über die Brücke mit einem großen Bündel Ästen im Schlepptau. Er steuert direkt auf unsere Feuerstelle zu und lädt die Äste dort ab und signalisiert uns, dass diese für unser Feuer sind. Wir radebrechen etwas und stellen uns vor. Sein Name ist Damir.
Soviel also zum schlechten Gewissen wegen des Lagerfeuers… Wir freuen uns sehr über diese Gastfreundschaft, die man überall hier in Albanien antrifft.
Nach dem Abendessen ist es bald Zeit ins Zelt zu klettern, noch ein wenig mit unseren e-Readern zu lesen, um dann bald einzuschlummern.