Annapurna Trek: Tag 4

Donnerstag, 2.4.2009: Chame – Ghyaru

Wir schlafen diese Nacht tief und gut, die Lodge ist fast leer und so wird es sehr ruhig. Vielleicht übertönt auch der Fluß alle anderen Geräusche. Zur üblichen Zeit gibt es wieder ein kleines Frühstück, bevor es dann weiter das Tal entlang geht. Das Tal wird hier wieder enger und die Berge rücken zusammen. Wir werden heute zum ersten Mal 3000m überschreiten, mal sehen ob man das spürt.

Den mittlerweile obligatorischen Morgentee nehmen wir in Brhatang ein. Nur wenige Häuser und ein Teahouse scharen sich um den Weg. Interessanterweise wird hier Europäisches Gebäck angeboten, zum Beispiel Rosinenschnecken. So wie es aussieht liegen die aber schon länger in der Auslage.

Auch heute ist das Wetter zumindest am Morgen wieder perfekt. Die Sonne scheint strahlend vom Himmel und die frische Morgenluft weicht bald einem angenehm trockenen wohltemperierten Klima. Heute morgen begleitet uns eine Eselkaravane auf unserem Weg. Manchmal sind wir schneller, manchmal die Esel. Wenn es eng wird, heißt es aufpassen, die Esel sind recht starrköpfig und gehen stur ihren Weg. Bevor wir den Fluß wieder auf die Südseite queren wird es noch einmal sehr eng. Der Weg ist direkt aus einer fast senkrechten Felswand gehauen. Zum Glück ist er einigermaßen breit, sodass man nicht direkt am Abgrund laufen muß.

Nach der Brücke geht es steil bergauf. Weiter oben eröffnen sich ganz neue Ausblicke in das Tal von Manang, welches nun vor uns liegt. Besonders eindrucksvoll ist der von einem ehemaligen Gletscher glattgeschliffene Bergrücken, der das Tal hinter uns abschließt. So langsam könnte man mal wieder eine Pause machen. Wir laufen im Moment auch alleine, Rinji und Sankar haben schon vorher Halt gemacht zum Mittagessen. Ich möchte aber gerne noch bis Pisang weitergehen, ich denke der Ort ist interessant und besser für eine Pause geeignet.

So trotten wir den jetzt wieder sehr ebenen Weg entlang durch ein Hochtal viel freien Weideflächen und lockerem Kiefernwald. Es ist landschaftlich komplett anders als heute morgen. Wir kommen gut voran und bald ist Pisang erreicht. Es teilt sich in Lower Pisang, direkt am Fluß und Upper Pisang ca. 100m höher. Nach einer kurzen Erkundung wählen wir eine Lodge im unteren Teil zur Mittagspause aus. Es hat sich mittlerweile engebürgert zu Mittag eine Vegetable Noodle Soop zu bestellen. Die schmeckt lecker und gibt Kraft. Eine Weile später kommen auch Rinji und Sankar an. Das passt gut, denn wir müssen eine Entscheidung treffen, vor uns gibt es mal wieder zwei Alternativrouten. Die eine geht flach im Tal entlang, die andere Steil auf der nördlichen Talseite hoch und schlängelt sich dann am Hang entlang, bis sie kurz vor Manang wieder ins Tal führt. Ich möchte gerne die obere Strecke gehen, aber habe natürlich erstmal alle gegen mich. Rinji und Sankar würden lieber den einfachen Weg gehen, und Barbara schließt sich schnell ihrem Urteil an. Dennoch gelingt es mir alle drei davon zu überzeugen, dass der obere Weg viel attraktiver ist. Da hat der Reiseführer viel geholfen.

So ziehen wir dann los, und verfransen uns erstmal. Der Weg geht über eine Weide und es gibt sehr viele Spuren, die alle irgendwo im Nichts verschwinden. Rinji schlägt vor einfach quer den Berg hoch zu gehen, bis wir den Hauptweg treffen. So machen wir es dann auch, allerdings wird es recht heftig steil. Auch Dornen kratzen, und Barbara ist gar nicht begeistert.

Aber wir finden den Weg und gehen weiter erstmal flach am Hang entlang. Weiter unten sieht man einen kleinen grünen See und so ist auch klar, dass wir in die richtige Richtung gehen. Nach ca. einer Stunde kommt dann der erwartete Aufstieg. Man sieht schon von weitem, wie sich der Weg in vielen Serpentinen Steil den Berg hochwindet. Da wir jetzt schon auf 3200m sind, geht es auch recht langsam voran, die Schritte werden kleiner. Der Weg ist zum Glück recht einfach zu gehen, wenn auch sehr steil. Unterwegs treffen wir Einheimische, die von Hand jeden Stein vom Weg nehmen und ihn offensichtlich so sehr gut in Schuss halten. Nach endlosen Kehren stehe ich plötzlich vor einem Durchgang und einem kleinen Dorf. Das muß Ghyaru sein. Ich sehe auch gleich eine nette Lodge direkt nach diesem Tor. Es gibt wohl keine Gäste und so freut sich die Besitzerin sichtbar, als ich ihr erkläre, dass wir zu viert sind.

Barbara, Rinji und Sankar brauchen noch eine Weile. Die Aussicht ist fantastisch und meine Laune entsprechend gut. So lass ich mein Gepäck bei der Lodge und laufe den anderen den Berg runter entgegen. Ohne die 15kg Gepäck (10kg Fotorucksack und ca. 5kg von Barbara huckepack obendrauf) fliege ich förmlich. Ein tolles Gefühl. So nehme ich gleich mal Barbara auf den Rücken und trage sie ein paar Meter den Berg hoch. Bei den paar Metern bleibt es dann aber auch, auf 3600m Höhe ist die Luft verdammt schnell weg.

Als wir dann alle oben sind, bekommen wir auch noch das beste Zimmer der Lodge, mit einem Panoramablick auf den Annapurna II. Alle sind begeistert. Es hat sich also wirklich gelohnt hier hoch zu kraxeln.

Wir haben noch Zeit bis zum Abendessen und so erkunden wir den Ort. Schnell stellen wir fest, dass unsere Lodge die einzige ist, auch ist kein anderer Tourist im ganzen Dorf zu finden. Ghyaru ist extrem ursprünglich, man fühlt sich in das tiefste Mittelalter zurückversetzt. Schmale Steinwege durchziehen den Ort, zwischen Häusern aus groben Trockensteinwänden. An manchen Stellen liegen noch Schneereste. Fensterglas gibt es keines, die Holztüren schließen auch nicht dicht, es ist kaum vorstellbar wie man hier im Winter überlebt. Nach vielen Bildern und einer netten Begegnung mit zwei Spinnerinnen, die sich riesig über ein paar Müsliriegel freuen, verdrücken wir eine riesige Portion Dhal Bat, und liegen dann auch schnell im Schlafsack. Es ist total ruhig, kein Geräusch, nicht mal ein Hund bellt, und so schlafen wir wunderbar in dieser Nacht.