Andalusien, April 2019

Tag 11: Úbeda – Valderubbio

Der Morgen ist wie auch an den letzten Tagen wieder grau. Auch nieselt es schon wieder ganz leicht. Egal, ich fahre los und nachdem ich Úbeda verlassen habe geht es erst einmal zügig den Berg hinab. Dabei fröstle ich gehörig, denn ich bin noch nicht warm gefahren und bei knapp unter 8 Grad fahre ich fast 500 Höhenmeter hinunter. Die N322 habe ich mittlerweile verlassen und fahre auf der A401. Heute möchte ich in Granada vorbeischauen. Dazu muss ich aber noch ein paar Hügel überqueren, der höchste Punkt liegt auf knapp 1200m Meereshöhe.

Im Tal angekommen geht es gleich wieder stetig bergauf und ich erreiche schnell meine Betriebstemperatur, auch wenn es eher noch kälter geworden ist. Zumindest hat der Nieselregen wieder aufgehört. Nach 42km sehe ich eine Art Raststätte neben der Straße und lege eine Pause ein. Ich hatte kein Frühstück und so kommt mir ein café con leche und etwas Süßes jetzt gerade recht. Das Restaurant hier ist sehr urig, mit einem ausgestopften Hirsch an der Wand.

Gerade steige ich nach der Pause wieder auf mein Rad, da kommt doch trotz des schlechten Wetters von hinten ein anderer Rennradfahrer herangefahren. Er sieht natürlich aufgrund des Gepäcks, dass ich nicht von hier bin und fragt mich auch gleich, wo ich herkomme. Wir unterhalten uns dann beim Fahren miteinander, obwohl es mit dem Fahrtwind nicht so ganz einfach ist für mich, ihn zu verstehen. Er erzählt, dass er in einem kleinen Dorf in dieser Gegend lebt, und diese Strecke öfter fährt. Er entschließt sich auch gleich heute etwas weiter zu fahren und mich bis zur Passhöhe zu begleiten. Auf die Frage, ob es im Winter nicht ähnlich kalt ist wie heute, meint er nein, es gibt hier im Winter in der Höhe schon öfter Frost, sogar bis Minus 10 Grad. Da er locker neben mir her kurbelt und ich ihn nicht bremsen möchte, fahre ich schneller den Berg hinauf, als ich das normalerweise mit dem Gepäck tun würde. So geht mein Puls deutlich nach oben und ich muss beim Reden öfter Luft holen, aber so ein kleines Zwischentraining ist doch gar nicht schlecht. Auf der Passhöhe verabschiedet er sich dann und biegt ab. Ich habe mich auf jeden Fall sehr gefreut, die Fahrt hier hinauf war durch die Unterhaltung sehr kurzweilig.

Ab hier geht es nach einem weiteren flachen Hügel zügig bergab. Ich denke mir, dass man von hier aus bei gutem Wetter bestimmt die Sierra Nevada sieht, aber leider ist rein gar nichts außer grauer Wolkensuppe zu erkennen. Die Strecke führt weiter durch Guadalhortuna, wo ich auf die A322 abbiege. Die Landschaft ist hier geprägt von endlosen Olivenhainen, die die sanften Hügel überziehen. Weiter bergab erreiche ich Iznalloz, wo ich zu spät realisiere, dass ich hätte abbiegen müssen. So fahre ich eben einen kleinen Umweg und erreiche den kleinen Ort schließlich von der Westseite her. Mittlerweile ist es Zeit für eine anständige Mittagspause, so suche ich im Ort nach einer entsprechenden Möglichkeit. Das ist nicht so einfach, und erst nachdem ich mehrere Leute gefragt habe, finde ich die winzige Tapasbar an einer Seitenstraße. Der freundliche Wirt serviert mir eine anständige Portion ensalada rusa und patatas bravas. Zudem läuft klassische Rockmusik von Pink Floyd, ich fühle mich richtig wohl hier.

Wieder auf der Strecke folge ich der GR3423, einer winzigen Landstraße die an einem Flüsschen entlang führt. Ideales Rennrad Terrain! Bald komme ich jedoch in die Ebene und nähere mich der Großstadt Granada. Hier geht es wieder langsamer voran, denn ich durchquere mehrere langgezogene Vororte von Granada mit vielen Ampeln. Zum Glück ist heute am Sonntagnachmittag und auf den Straßen ist fast nichts los.

Die Alhambra zu besuchen ist ohne Vorausbuchung nicht möglich, das ist mir klar, und mit Fahrrad nebst Gepäck wäre das auch schwierig. Dennoch möchte ich zumindest die Alhambra sehen. So verlasse ich die im Navi programmierte Strecke und fahre frei Schnauze in Richtung Stadtzentrum. Dort angelangt ist erstmal die Straße gesperrt, ich nehme an wegen der Osterumzüge. Als Fahrradfahrer kann ich jedoch weiterfahren und bald sehe ich auch schon den Hügel mit der Alhambra. Touristen gibt es hier naturgemäß sehr viele, ich kann mir gut vorstellen wie voll das erst bei besserem Wetter ist. Zwischen den Touristenströmen erklimme ich den Hügel und stehe bald auch vor einem sehr alten maurischen Tor in die Alhambra. Nach ein paar Fotos geht mir schon der Trubel hier auf die Nerven und ich mache mich auf den Weg aus der Stadt hinaus.

Vom Hügel hinunter ist es noch einfach, aber dann fahre ich doch ohne Navi in die falsche Richtung und muss dann nochmals durch die Innenstadt, bevor ich eine Ausfallstraße mit parallel verlaufendem Radweg erreiche. Da das Wetter einigermaßen trocken ist, entschließe ich mich heute wieder zu zelten und möchte dafür etwas Abstand von der Großstadt gewinnen. Zuvor muss ich aber noch etwas essen. In Santa Fé schaue ich mich um, kann aber nichts Passendes entdecken. Im nächsten Ort Fuente Vaqueros sieht es auch nicht viel besser aus, aber ich finde zumindest eine offene Bäckerei. Leider hat sie noch keine Bocadillos, dafür müsste ich eine Stunde warten, was ich nicht will. Also begnüge ich mich mit einem Laib frischem Brot, welches herrlich duftet und erinnere mich an mein Dörrfleisch, welches ich noch unangetastet dabei habe. Zusammen schmeckt das überaus lecker, zumindest wenn man nichts anderes hat.

Einigermaßen gestärkt mache ich mich auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz. Zwischen den hier recht eng zusammenliegenden Orten finde ich einen kleinen geteerten Wirtschaftsweg, in den ich einbiege, um von der Straße wegzukommen. Er führt an einem Bach und einem Bewässerungsgraben entlang hinter dem kleine Eukalyptusplantagen gepflanzt sind. An einer Stelle liegt neben dem Weg ein kleines Stück Brachland. Es sieht so aus, als ob ich hier mein Zelt aufschlagen könnte und ich beschließe mir das näher anzusehen. So schiebe ich mein Rad über eine kleine Kieseinfahrt auf diese Fläche. Nach dem Kies folgt jedoch tiefer aufgeweichter Lehmboden und innerhalb von zwei Metern stecke ich mit meinem Rad fest und kann es kaum noch bewegen. Ich fluche und drehe sofort um. Wieder auf dem Teer stelle ich fest, dass sowohl meine Schuhe, als auch die Radläufe, Bremsen und Pedale komplett mit Lehm verkrustet sind. Die Räder sind komplett blockiert und drehen sich nicht mehr, sondern rutschen beim Schieben über den Boden. So ein Mist, das hat mir gerade noch gefehlt!

Ich suche mir einen Stock und versuche den dicksten Dreck damit abzustreifen, damit sich zumindest die Räder wieder drehen. Auch überlege ich, wo ich jetzt zelten soll, denn so wie es aussieht, gibt es hier überall diesen aufgeweichten Lehmboden. Zum Glück finde ich aber ein paar hundert Meter weiter eine frisch betonierte Betonplatte und so beschließe ich, dort mein Zelt aufzustellen. Direkt neben der Platte steht noch etwas Wasser im betonierten Graben und ich kann hier meine Schuhe und mein Rad so gut es geht vom restlichen Lehm befreien.

Da ich keine Heringe benutzen kann, befestige ich mein Zelt mit ein paar Steinen, was auch gut funktioniert. Allerdings sollte jetzt heute Nacht kein Wind aufkommen.